
EQ – Emotionale Intelligenz
Emotionale Intelligenz wird oft als wichtiger für den Erfolg im Business angesehen als kognitive Intelligenz und ist ein elementares Thema der internen Schulungsmaßnahmen bei ViOSS.
Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, Emotionen bei sich selbst und anderen zu identifizieren, zu verstehen und zu managen.
Sie umfasst:
- Selbstwahrnehmung: Das Erkennen der eigenen Gefühle und deren Auswirkungen.
- Selbstmanagement: Die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu regulieren und konstruktiv zu nutzen.
- Soziales Bewusstsein: Das Erkennen und Verstehen der Emotionen anderer, also Empathie.
- Beziehungsmanagement: Die Fähigkeit, Beziehungen effektiv zu gestalten und Konflikte zu lösen.
Warum ist emotionale Intelligenz wichtig?
Emotionale Intelligenz ist entscheidend für den Erfolg im Berufsleben und im Privatleben und ermöglicht:
- Bessere zwischenmenschliche Beziehungen:
Durch das Verständnis der Emotionen anderer können Menschen besser auf ihre Bedürfnisse eingehen und effektiver kommunizieren.
- Erfolgreiche Zusammenarbeit:
Emotionale Intelligenz hilft, Konflikte zu lösen, Teams zu motivieren und eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
- Bessere Entscheidungsfindung:
Das Verstehen der eigenen Emotionen kann helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.
- Stressbewältigung:
Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz können besser mit Stress und schwierigen Situationen umgehen.
Wie kann man emotionale Intelligenz trainieren?
Emotionale Intelligenz ist keine angeborene Fähigkeit, sondern kann trainiert und verbessert werden. Hier sind einige Tipps:
- Selbstreflexion:
Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre eigenen Emotionen zu beobachten und zu verstehen.
- Empathie üben:
Versetzen Sie sich in die Lage anderer und versuchen Sie, ihre Perspektive zu verstehen.
- Aktives Zuhören:
Achten Sie auf die nonverbalen Signale und die Körpersprache Ihres Gegenübers.
- Feedback einholen:
Fragen Sie andere nach ihrer Meinung zu Ihrem Verhalten und Ihren Reaktionen.
- Stressmanagement-Techniken lernen:
Üben Sie Entspannungstechniken, um mit Stress besser umgehen zu können.
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Bitte mit Gefühl
Dieser Artikel ist erschienen in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.08.2025, S. 29:
Fachlich top - und trotzdem läuft es nicht? Warum emotionale Intelligenz heute eine Schlüsselkompetenz für Führungskräfte ist und wie sie sich trainieren lässt.
Der Mann schien ideal für den Posten des Geschäftsführers. Der Chef des Industriebetriebs mit 500 Mitarbeitern in Hannover hatte den 52 Jahre alten Ökonomen eingestellt, weil dieser viel fachliche Erfahrung mitbrachte. Er sollte die Prozesse verbessern, strategisch planen, Wachstumsimpulse geben und letztendlich den Umsatz steigern. "Nach wenigen Monaten häuften sich aber die Beschwerden, und die Mitarbeiter kündigten reihenweise", erzählt Philipp Ranft, Personalmanager und Unternehmensberater in Lippstadt. Der Chef der Firma hatte Ranft hinzugezogen - er sollte herausfinden, was im Unternehmen falsch lief.
Ranft berichtet: "Die Führungskräfte erzählten mir, der neue Geschäftsführer habe sie ständig von oben herab behandelt und würde alles allein entscheiden." Neue Ideen und Vorschläge - auch wenn sie für die Firma sehr gut gewesen wären - habe er ignoriert. Meetings seien die Hölle gewesen. Der Mann sei immer wieder wütend geworden, habe mit der Faust auf den Tisch geschlagen und seine Kollegen angeschrien. Irgendwann habe er nicht mehr mit seinen Mitarbeitern geredet, sondern Anweisungen nur noch per E-Mail an sie geschickt. Das Team zog Konsequenzen: Drei erfahrene Führungskräfte kündigten, die Produktion stockte, Kunden konnten nicht mehr pünktlich beliefert werden. Der Firmenchef war verzweifelt.
Für Ranft war klar: Es musste an dem Geschäftsführer liegen, und er hatte auch einen Verdacht. Der Mann hatte seine Gefühle nicht unter Kontrolle, er merkte nicht, wie es den Mitarbeitern ging, und war nicht in der Lage, konstruktiv mit dem Team zu kommunizieren. Es musste an seiner mangelnden emotionalen Intelligenz liegen. Die wird - anlehnend an den Intelligenzquotienten - oft "EI" abgekürzt. Immerhin war der Geschäftsführer bereit, einen EI-Test mit sich machen zu lassen. Ranfts Diagnose stimmte: Der Mann hatte in dem Test sehr wenige Punkte. Der Firmenchef kündigte ihm sofort. "Heutzutage reicht es nicht, nur fachlich exzellent zu sein", sagt Ranft. "Durch seine mangelnde emotionale Intelligenz hat der Geschäftsführer nicht nur seinen super Job verloren, sondern auch die Firma in enorme Schwierigkeiten gebracht und kompetente Mitarbeiter vergrault."
Emotionale Intelligenz gehört gemäß dem "The Future of Jobs Report" des Weltwirtschaftsforums zu den Kernkompetenzen, die Beschäftigte heute haben sollten. Man dürfe EI aber nicht missverstehen, sagt Cary Cherniss, emeritierter Professor für angewandte Psychologie an der Rutgers University in New Jersey. "Es geht nicht darum, aus einem Impuls heraus seine Gefühle herauszulassen. EI bedeutet, bei sich und anderen Gefühle zu spüren, sie zu verstehen und seine Handlungen danach anzupassen." Emotional intelligente Menschen wissen, wann und wie sie ihre Emotionen ausdrücken sollten und was das für eine Reaktion bei anderen hervorruft.
Das Konzept der EI geht auf die amerikanischen Psychologen John Mayer und Peter Salovey zurück, die im Jahr 1990 in einer Fachzeitschrift darüber schrieben. Populär wurde die Idee durch den amerikanischen Psychologen Daniel Goleman, der 1995 den Bestseller "Emotional Intelligence" schrieb. Goleman leitet heute gemeinsam mit Cherniss eine Forschungsorganisation zu emotionaler Intelligenz in Unternehmen. Inzwischen ist aus diversen Studien bekannt: EI zahlt sich aus, vor allem für Führungskräfte und umso mehr, je höher sie auf der Karriereleiter klettern wollen. Emotional intelligente Führungskräfte erzielen bessere Geschäftsergebnisse, und selbst ein hoher Intelligenzquotient machte eine Führungskraft nicht so effektiv wie eine höhere EI. Mitarbeiter von emotional intelligenten Führungskräften sind motivierter, vertrauen ihrem Chef mehr, arbeiten effektiver, und es geht ihnen gesundheitlich besser. Sie sind eher bereit, Kollegen zu helfen, fühlen sich dem Unternehmen zugehöriger und kündigen seltener. "Die Zeiten haben sich geändert", sagt Astrid Schütz, Professorin für Persönlichkeitspsychologie an der Uni Bamberg. "Man akzeptiert heute Emotionen im Beruf mehr, weiß, dass Freude und Begeisterung ansteckend sein können und Ärger ein wichtiges Signal für sich und andere sein kann." Besonders in Berufen, in denen Interaktion mit anderen wichtig ist, sei EI das "Sahnehäubchen" auf den fachlichen Kompetenzen.
Goleman zufolge besteht emotionale Intelligenz aus Selbstwahrnehmung, Selbstmanagement, Einfühlungsvermögen und Beziehungsmanagement. Sein Konzept wurde jedoch immer wieder kritisiert, unter anderem weil es nicht klar von Persönlichkeitseigenschaften abgrenzbar sei und man so nicht sagen könne, ob Erfolg in der Firma auf EI zurückzuführen sei oder auf die Persönlichkeitseigenschaften. Studien haben dann aber gezeigt, dass Golemans Konzept beruflichen Erfolg gut erklärt, weshalb es sich in der Wirtschaft durchgesetzt hat. EI sei eine Schlüsselkompetenz im Führungsalltag, sagt Frank Lattuch, Professor für Unternehmensführung an der Fachhochschule Münster, "vor allem in der heutigen Arbeitswelt mit raschen, unvorhersehbaren Veränderungen und komplizierten Prozessen. Nur fachlich kompetent zu sein, reicht nicht mehr."
Auch Sandra Gauer, Wirtschaftspsychologin und Inhaberin eines Beratungsunternehmens für neue Arbeitswelten in Bern, ist überzeugt: "EI ist ein strategischer Erfolgsfaktor." Unternehmen, die Veränderungen anstoßen und ihre Kultur zukunftsfähig weiterentwickeln wollten, bräuchten Führungspersönlichkeiten mit hoher emotionaler Intelligenz, sagt sie. "Fehlt diese, stoßen Veränderungsprozesse oft auf inneren Widerstand und verlaufen im Sand."
Gut für die, denen Empathie nicht in die Wiege gelegt ist: EI kann man lernen. Das ist das Fazit zweier Metaanalysen der Colorado State University aus 84 Studien mit insgesamt 4310 Berufstätigen und Studenten. Nach den Trainings erzielten die Teilnehmer höhere Punktzahlen in validierten EI-Tests, das sind zum Beispiel die mit den Abkürzungen MSCEIT, SEIS oder WLEIS. Es schienen vor allem die Fortbildungen effektiv zu sein, die Frontalunterricht vermieden und die aus praktischen Übungen, Diskussionen und Feedback bestanden. "Das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Teilnehmer in den Trainings motiviert werden", sagt EI-Forscher Cherniss.
Er begleitete über einen Zeitraum von zehn Jahren 25 herausragende Führungskräfte mit hoher emotionaler Intelligenz und ließ sich Situationen berichten, in denen diese ihre eigenen Gefühle oder die ihrer Mitarbeiter konstruktiv genutzt hatten. Am Ende kamen 126 Situationen heraus. Cherniss fand neun Strategien, die die Führungskräfte am häufigsten nutzten.
Das war erstens: auf Gefühlsveränderungen der Mitarbeiter achten und, wenn einem etwas auffällt - etwa eine harschere Sprache -, handeln, also zum Beispiel potentielle Meinungsunterschiede offen ansprechen.
Zweitens seine Gefühle ausdrücken, um die Mitarbeiter zu motivieren.
Drittens sich klarmachen, was die eigenen Gefühle bei den anderen bewirken. Also etwa statt in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation dem Team seine Sorge zu zeigen, sich aufbauend äußern: "Wir gehen da gemeinsam durch."
Viertens sich in andere hineinversetzen.
Mit der Perspektive des Mitarbeiters kann man emotionale Situationen besser analysieren und gezielter handeln. Fünftens die emotionale Dynamik analysieren. Reagiert ein Mitarbeiter zum Beispiel brüsk oder macht Vorwürfe, ohne dass dazu objektiv ein Grund besteht, könnte das ein "Ventil" für privaten Ärger gewesen sein. Sechstens durch Umdeutung - "Reframing" - die eigenen Emotionen regulieren. Fühlt man sich immer schlecht, wenn man negative Kritik äußern muss, stellt man sich vor, die Kritik sei ein Geschenk für den Mitarbeiter, denn so kann er daraus lernen. Siebtens die zwischenmenschlichen Grenzen verschieben und zum Beispiel eine Mitarbeiterin zu Hause besuchen, deren Sohn einen schweren Unfall hatte. Achtens sich Rat holen, um Gefühle zu managen, zum Beispiel in der Personalabteilung, beim Coach oder bei Kollegen in anderen Firmen. Und neuntens anderen helfen, ihre EI zu entwickeln und zu nutzen - das sei der Weg zum emotional intelligenten Unternehmen.
"Fehlende EI unter Führungskräften sollten Unternehmen nicht dulden, sondern gezielt entwickeln", sagt Beraterin Gauer. "Und zwar mit Seminaren, die Selbsterkenntnis, Dialog und authentisches Verhalten fördern." Man müsse nicht unbedingt Geld ausgeben, um emotional intelligenter zu werden, findet Wirtschaftswissenschaftler Lattuch. "Sein eigenes Verhalten zu reflektieren, kann ein erster Schritt sein. Wer sich aber weiterentwickeln und sein Verhalten wirklich ändern will, sollte ein Coaching oder einen Kurs buchen."
Das Industrieunternehmen hat inzwischen Personalberater Ranft beauftragt, einen neuen Geschäftsführer auszusuchen. "Der Firmenchef bestand darauf, dass wir mit den Kandidaten den EI-Test machen", sagt er. Der neue Geschäftsführer habe gerade den Vertrag unterschrieben. Er ist zwar fachlich nicht so kompetent wie der vorherige, dafür schnitt er aber super im Test ab.